WEG | Kein Kostenersatz für eigenmächtige Instandsetzung

Ein Miteigentümer ließ 2005 in seiner Wohnung die einfach verglasten Holzfenster aus dem Jahr 1972 durch Kunststoffrahmenfenster mit Dreifachisolierglas ersetzen. Zum damaligen Zeitpunkt legten die Wohnungseigentümer die Teilungserklärung übereinstimmend dahingehend aus, dass die Erneuerung der Fenster von dem jeweiligen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen sei. Diese Auslegung stellte sich im Jahr 2012 als falsch heraus. Die Erneuerung der Fenster ist tatsächlich Sache der Gemeinschaft. Daraufhin verklagte der Eigentümer die Gemeinschaft auf Kostenerstattung.

Ergebnis unserer Umfrage vor Urteilsverkündung

 

Umfrageergebnis zur Kostenerstattung bei irrtümliche Sanierung von GemeinschaftseigentumKostenerstattung Ja oder Nein? Zustimmung und Verneinung hielten sich die Waage.

 

Beschlussfassung hat Vorrang

Dem Wohnungseigentümer steht kein Kostenerstattungsanspruch zu! Ein Erstattungsanspruch käme nur aus allgemeinen Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 687 Abs. 1 BGB) oder des Bereicherungsrechts (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht. Diese Vorschriften können aber als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch nicht herangezogen werden, weil das Wohnungseigentumsgesetz in § 21 Abs. 4 und 5 spezielle und damit vorrangige Regelungen über die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums enthält.

Danach haben die Wohnungseigentümer über etwaige Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden. Die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes haben – von den Fällen der Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) abgesehen – auch dann Vorrang, wenn die Maßnahme zwingend vorgenommen werden musste. Denn auch bei zwingend notwendigen Maßnahmen bleibt den Wohnungseigentümern regelmäßig ein Gestaltungsspielraum. Es ist insbesondere ihre Sache zu entscheiden, ob sie die Maßnahme isoliert oder zusammen mit anderen Arbeiten durchführen und welche Handwerker sie beauftragen.

Der korrekte Weg für Wohnungseigentümer

  1. Wohnungseigentümer müssen auch über eine zwingend gebotene und keinen Aufschub duldende Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahme einen Beschluss fassen. Dem betroffenen Wohnungseigentümer ist es zumutbar, in jedem Fall das durch das Wohnungseigentumsgesetz vorgegebene Verfahren einzuhalten. Er kann einen Beschluss der Wohnungseigentümer über die Durchführung der erforderlichen Maßnahme herbeiführen.
  2. Findet der Antrag in der Wohnungseigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit kann er die Beschlussersetzungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG erheben. Auch kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht.

 

Auch keine Kostenerstattung bei Irrtum

Auch wenn der Wohnungseigentümer eine Maßnahme zur Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in der irrigen Annahme durchführt, er habe diese als Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen, besteht kein Ersatzanspruch. Ein Ausgleich nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts liefe den schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer zuwider. Zwar müssen Wohnungseigentümer stets damit rechnen, dass es durch Mängel des Gemeinschaftseigentums zu unvorhersehbaren Ausgaben kommt, für die sie einzustehen haben.

Miteigentümer müssen ihre private Finanzplanung aber nicht darauf einrichten, dass sie im Nachhinein für abgeschlossene Maßnahmen aus der Vergangenheit, auf die sie keinen Einfluss nehmen konnten, herangezogen werden.

Wurde eine Teilungserklärung, wie hier, jahrelang unzutreffend ausgelegt, hätten zudem häufig viele Wohnungseigentümer einen Erstattungsanspruch; ein damit verbundener "Hin-und Her-Ausgleich" zwischen allen Betroffenen führte zu einem hohen Ermittlungs- und Berechnungsaufwand, ohne dass sich zwangsläufig ein als "gerecht" empfundenes Ergebnis einstellte.

BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 254/17
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 14. Juni 2019

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