Zufallsschäden, der Wohnungseigentümer bleibt auf seinen Kosten sitzen

Wird die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, so steht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen seine Miteigentümer in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu (BGH, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10).

Ein Münchner Eigentümer hatte seine Wohnung in einer Wohnungseigentumsanlage vermietet. Ende März 2006 zeigte sich ein Wasserschaden an der Decke im Wohnzimmer.

Eine erste Reparatur an einem Regenrohr brachte keinen Erfolg. Die Eigentümerversammlung beschloss daraufhin Anfang Mai 2006 die Instandsetzung unter Einschaltung eines Architekten und der Beauftragung von Fachunternehmen. Trotz mehrerer Reparaturversuche kam es von Juni bis August 2006 zu weiteren Wassereinbrüchen, bis man einen Konstruktionsfehler an dem Tür-Fenster-Element in der über der Wohnung des Eigentümers liegenden Wohnung als Ursache des Mangels erkannte und diesen Fehler durch Austausch des Bauelements behob. Die Eigentümer verlangten daraufhin von der Eigentümergemeinschaft Ersatz für Mietminderungen und Ausfälle durch den Auszug der Mieterin und Ersatz der Kosten der Instandsetzung in Höhe von insgesamt 4.317,30 EUR zuzüglich Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten von 359,50 EUR.

Das Landgericht München verneinte aufgrund gängiger Rechtsprechung einen verschuldensabhängigen Ersatzanspruch, weil die Wasserschäden auf einen Konstruktionsmangel am Gemeinschaftseigentum zurückgingen, an dem die Wohnungseigentümergemeinschaft kein Verschulden getroffen habe. Die Eigentümerversammlung habe nach dem ersten Wassereinbruch auch umgehend reagiert und die Mängelbeseitigung beschlossen.

Ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB komme - entgegen der Ansicht der klagenden Wohnungseigentümer - ebenfalls nicht in Betracht. Die Vorschrift sei unmittelbar nicht einschlägig, weil sie eine von einem anderen Grundstück ausgehende Störung voraussetze. Sie sei auch nicht analog anwendbar, da die Interessenlage innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft sich von derjenigen zwischen Grundstücksnachbarn unterscheide. Es fehle auch an einer Regelungslücke im Wohnungseigentumsgesetz, das in § 14 Nr. 4 Halbs. 2 einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch kenne. Diese Norm zeige, dass sich der Gesetzgeber der Problematik solcher Beeinträchtigungen bewusst gewesen sei, er aber nur für bestimmte Fälle eine verschuldensunabhängige Haftung angeordnet habe. Wäre eine der Regelung des § 906 Abs. 2 BGB entsprechende Ersatzpflicht gewollt gewesen, hätte man § 14 Nr. 4 Halbs. 2 WEG weiter fassen können. Die analoge Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB führte überdies dazu, dass § 14 Nr. 4 Halbs. 2 WEG neben dem allgemeinen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch überflüssig würde, was aber nicht als vom Gesetz gewollt angenommen werden könne (BGH, Urteil vom 21. Mai 2010 - V ZR 10/10 - LG München I, AG Augsburg).

WEG § 14 Pflichten des Wohnungseigentümers
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet:
1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst;
2. für die Einhaltung der in Nummer 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der im Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überläßt;
3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nummer 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen;
4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen.

BGB § 906 Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

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