Wie die WEG bei der Instandhaltungsrücklage Zahlungen und Rückstände ausweisen muss

Bislang war es übliche Abrechnungspraxis die Instandhaltungsrücklage als Teil der Ausgaben in der jährlichen Abrechnung aufzustellen. Dieser Gepflogenheit bereitete der BGH mit seinem Urteil vom 16.02.2010 nun ein Ende.
„Tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind in der Jahresgesamt- und -einzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben.“

 

Den Stein ins Rollen brachte ein Fehlbetrag in der Abrechnung einer WEG. Die Jahresabrechnung wies in Abschnitt "1. Ausgaben/Einnahmen" unter sonstigen Kosten eine Position "Zuführung Rücklage Haus" mit einem Gesamtbetrag von 13.440 € und einen dem Verteilungsschlüssel entsprechenden Anteil des jeweiligen Wohnungseigentümers daran aus. In Abschnitt "6. Entwicklung der Rücklagen" wurde die Position "Zugang zur Rücklage Haus" mit dem erwähnten Gesamtbetrag von 13.440 € ebenfalls eingestellt. Der Gesamtbetrag entsprach dem Sollbetrag der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage.  

Zur Veranschaulichung ein vereinfachtes Abrechnungsbeispiel einer typischen Verwaltersoftware, Rücklagenhöhe hier 6.000,00 Euro. Der Miteigentümer Herr Müller schuldet im Saldo 300,00 Euro Hausgeld.

 Hausgeld            
 1. Kosten und Lasten                  160,00 €          
 2. Zuführung Rücklage                  150,00 €          
 Summe                  310,00 €          
             
 Ausgaben/Einnahmen   Umlage Umlage Betrag Betrag  
 Kostenkonto  Umlageart gesamt anteilig  gesamt  anteilig  
 Abwasser beb. Fläche  Miteigentumsanteil 1000,00 300,00 169,40 50,82 (*)
 Gebäudeversicherung   Miteigentumsanteil 1000,00 300,00 998,88 299,66 (*)
 Instandhaltung  Miteigentumsanteil 1000,00 300,00 6.000,00 1.800,00  
 Kabelanschluß   ges. Abrechnung 333,54 166,77 333,54 166,77 (*)
.....            
   Summe umlagefähiger Kosten (*) 4.113,50 1.300,76  
   Summe nicht umlagefähiger Kosten 8.616,37 2.508,89  
   Gesamtsumme     12.729,87 3.809,65  
   Zahlungen       3.420,00  
   Nachzahlung       -389,65  

 

   Anfangs-       Soli- Kap.-  End-
 Rücklagenentwicklung bestand Zugang Entnahme Zinsen zuschlag steuer bestand
 Für das Objekt: 24.661,59 6.000,00 -1.914,70 630,74 -10,19 -186,55 29.180,89
 Für die Einheit: 7.844,85 1.800,00 -574,41 200,64 -3,24 -59,34 9.208,50

Wie schon weiter oben erwähnt entsprach der Sollbetrag in Höhe von 13.440,00 Euro nicht dem Istbetrag der Einzahlungen auf die Instandhaltungsrücklage, da einige Miteigentümer mit Ihren Zahlungen im Rückstand waren. Auf der jährlichen Eigentümerversammlung wurde die Abrechnung besprochen und trotz der fehlenden Zahlungen mehrheitlich beschlossen. Verwaltung und Beirat wurde im weiteren Verlauf ebenfalls mehrheitlich Entlastung erteilt. Damit war ein Miteigentümer nicht einverstanden und ging gegen den Beschluss an. Er argumentierte, dass nur die TATSÄCHLICHEN Zahlungseingänge zur Instandhaltungsrücklage gebucht werden dürfen, keine Luftbuchungen. Die Beklagte WEG verwies auf einen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 1991, 15). Demnach seien in die Abrechnung nicht die Ist-, sondern die Soll-Beträge der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage einzustellen. Somit hätte alles seine Ordnung.

Dieser Auffassung erteilte der Bundesgerichtshof nun eine Absage und führte aus: Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen. Dazu hat die Verwaltung eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen enthält. Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein. Diesen Anforderungen genügt eine Abrechnung nur, wenn sie, anders als der Wirtschaftsplan, nicht die geschuldeten Zahlungen und die vorgesehenen Ausgaben, sondern die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist. Dem genügt die Abrechnung nicht, weil sie nur ausweist, welche Beträge der Instandhaltungsrücklage zugeführt werden sollten, aber nicht die Beträge, die ihr tatsächlich zugeflossen sind.

Die bisherige Aufstellungspraxis, gestützt durch mehrere Instanzen und Fachbeiträge überzeugt nicht. Tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind in der Jahresgesamt- und -einzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben (BGH, Urteil v. 4.12.2009, V ZR 44/09).  Analog greift dieses Urteil natürlich auch auf den zu erstellenden Wirtschaftsplan durch.

Für die Zukunft gilt, Verwalter müssen die Abrechnung aufteilen:

  • Zum einen in die "klassische" Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und zum anderen
  • In die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage
  • Weiter sind rückständige Zahlungen zur Instandhaltungsrücklage getrennt für jeden Miteigentümer auszuweisen.

Beispiel (Eckdaten wie oben): Kein Ausweis der Instandhaltungsrücklage in der Abrechnung der Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums.

 1. Ausgaben/Einnahmen   Umlage Umlage Betrag Betrag  
 Kostenkonto  Umlageart gesamt anteilig gesamt anteilig  
 Abwasser beb. Fläche  Miteigentumsanteil 1000,00 300,00 169,40 50,82 (*)
 Gebäudeversicherung   Miteigentumsanteil 1000,00 300,00 998,88 299,66 (*)
 Kabelanschluß   ges.  Abrechnung 333,54 166,77 333,54 166,77 (*)
 ...            
   Summe umlagefähiger Kosten (*)     4.113,50 1.300,76  
   Summe nicht umlagefähiger Kosten     2.616,37 708,89  
   Gesamtsumme     6.729,87 2.009,65  
   Zahlungen       1.920,00  
   Nachzahlung       -89,65  

 

 2. Entwicklung der Instandhaltungsrücklage    
  Soll (EUR) Ist (EUR)
Gesamt Ihr Anteil Gesamt Ihr Anteil
 Anfangsbestand            24.661,59     7.844,85     24.661,59         7.844,85  
 Zuführung Wirtschaftsplan             6.000,00     1.800,00       5.000,00         1.500,00  
 Zinserträge                630,74       200,64         630,74           200,64  
 Solidaritätszuschlag -               10,19   -      3,24   -      10,19   -          3,24  
 Zinsabschlag -              186,55   -    59,34   -     186,55   -        59,34  
 Entnahmen Rep. -           1.914,70   -   609,07   -  1.914,70   -       609,07  
 Endbestand            29.180,89     9.173,84     28.180,89         8.873,84  
         
 3. Beitragsrückstände Soll (EUR)
 Fehlbestand insgesamt       -1.000,00  
 Ihre Nachzahlung       -300,00
         
 4. Zusammenstellung        
 Ihr Ergebnis zu den Kosten und Lasten -89,65    
 Ihr Ergebnis zur Instandhaltungsrücklage -300,00    
 Summe
   -389,65    
         
 5. Beiträge und Rückstände zur Instandhaltungstellung
 Zuführung 2010 Schlüssel Soll (EUR) Ist (EUR) Saldo (EUR)
 WE Müller 300/1000 1.800,00 1.500,00 -300,00
 WE Schmitz 200/1000 1.200,00 1.200,00 0,00
 WE Lehmann 150/1000 900,00 500,00 -400,00
 WE Schmidt 350/1000 2.100,00 1.800,00 -300,00
 Gesamt 1.000/1.000 6.000,00 5.000,00 -1.000,00

Und wie soll das Hausgeld verteilt werden, wenn der Miteigentümer zuwenig gezahlt hat?

Das monatliche Hausgeld wird in der Regel in einer Summe gezahlt. Die Buchhaltung der Verwaltung trennt diese Summe in „Kosten und Lasten“ und „Instandhaltungsrückstellung“. Doch wie sieht die Tilgungsreihenfolge aus, wenn der Miteigentümer zuwenig überweist? In der Regel wird der Miteigentümer keine Anweisungen über die Verteilung mit Bezug auf § 366 Abs. 1 BGB geben. Sollen nun zuerst die Kosten und Lasten und dann die Instandhaltungsrücklage gebucht werden oder umgekehrt?

Um solche Diskussionen in Zukunft zu vermeiden sollte die Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan  Regelungen treffen. So wären z.B. folgende Beschlüsse möglich:

Im Fall von Minderzahlungen der Wohnungseigentümer nach dem Wirtschaftsplan-Soll ist von den eingehenden Zahlungen zunächst

  • der auf die Kosten und Lasten bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entfallende Betrag zu verbuchen und der Restbetrag als Zuführung zur Instandhaltungsrücklage oder
  • ist der entsprechende Rückstand jeweils zur Hälfte bei der Buchung auf die Kosten und Lasten sowie als Zuführung zur Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen.

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