Gerichtlicher Anspruch zur Änderung des Kostenverteilungsschlüssels

Die gerichtliche Durchsetzung eines geänderten Verteilungsschlüssels in der Hausgeldabrechnung ist gegen den Willen der übrigen Eigentümer nicht einfach. Wann ein einzelner Wohnungseigentümer eine Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels verlangen kann, richtet sich nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Der BGH hat in einer Entscheidung erneut die Grenzen dieses individuellen Anspruchs gegen die übrigen Wohnungseigentümer klargestellt.

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war Eigentümer einer Wohnung in einem Haus, das sechs Sondereigentumseinheiten aufwies. Die verklagten Miteigentümer hatten einen 70 Quadratmeter großen, ursprünglich als nicht ausgebauten Raum ausgewiesenen Spitzdachboden, der nachträglich als Wohnraum ausgebaut wurde. Die Gemeinschaftsordnung sah vor, dass sich die Umlage der Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile bestimmt. Nach dem Ausbau des Bodens beantragte der Kläger auf einer Eigentümerversammlung, einen neuen Kostenverteilungsschlüssel zu beschließen, der sich nunmehr nach dem Verhältnis der Wohnflächen bestimmen sollte. Der Antrag wurde abgelehnt. Gegen diese Ablehnung ging der Kläger gerichtlich vor.

Der Kläger berief sich hier auf sein Recht auf Vereinbarungsänderung, das im Wohnungseigentümergesetz (WEG) normiert ist. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gewährt einen Anspruch, der vor Inkrafttreten dieser Vorschrift von der Rechtsprechung aus der sehr allgemein gehaltenen Treu-und-Glauben-Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 242 BGB) abgeleitet wurde. Im Wohnungseigentumsgesetz ist jetzt explizit festgelegt, dass ein einzelner Wohnungseigentümer von der WEG die Anpassung von Vereinbarungen verlangen kann. Voraussetzung für diesen Anspruch sind allerdings schwerwiegende Gründe, die ein Festhalten an der bisherigen Regelung unbillig erscheinen lassen. Und auch die Interessen und Rechte der anderen Wohnungseigentümer müssen dabei berücksichtigt werden.

In diesem konkreten Fall stünde dem Kläger jedoch kein Recht auf Anpassung des Verteilungsschlüssels zu, so der BGH. Gegenüber dem beantragten Verteilungsschlüssel ergäbe sich für den Kläger lediglich eine Mehrbelastung von 13 Prozent. Eine Unbilligkeit im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG käme jedoch erst ab einem ungefähren Unterschied von 25 Prozent in Betracht.

Natürlich könne das Maß der Kostenbeteiligung auch nicht das alleinige Kriterium für die Beurteilung dieses Falles sein, so der BGH. Die Karlsruher Richter konnten jedoch in den Urteilen der Vorinstanzen auch bei der Bewertung der Gesamtumstände keine Rechtsfehler feststellen. In erster Linie sei diese Bewertung Sache des Tatrichters. Der BGH als letztinstanzliches Gericht könne dann nur noch feststellen, ob bestimmte Rechtsbegriffe - wie hier zum Beispiel die in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aufgeführte "Unbilligkeit" oder die "schwerwiegenden Gründe" - vom Gericht zutreffend ausgelegt wurden.

Auch die Gemeinschaftsordnung der betreffenden Wohnungseigentümergemeinschaft begründe keinen Anspruch auf Anpassung des Verteilungsschlüssels. Die Gemeinschaftsordnung weise auch keine planwidrige Regelungslücke auf. Zwar fehle dort eine Bestimmung, die regelt, unter welchen Umständen eine Anpassung des Verteilungsschlüssels verlangt werden kann. Diese Regelungslücke sei aber nicht planwidrig, denn das Wohnungsgesetz siehe hierfür ja gerade eine Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG vor (BGH, Urteil vom 11. Juni 2010, Az: V ZR 174/09).

§ 10 Allgemeine Grundsätze
(1) Inhaber der Rechte und Pflichten nach den Vorschriften dieses Gesetzes, insbesondere des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums, sind die Wohnungseigentümer, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
(2) Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

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