Keine Hausgeldzahlung, kein Stimmrecht?

Auf einer Eigentümerversammlung wurde beschlossen eine Wohnungseigentümerin, die mit der Zahlung des Hausgeldes mehr als einen Monat in Verzug war, das Stimmrecht zu entziehen und diese auch von der Eigentümerversammlung und Abstimmung auszuschließen. Kurz: Die Eigentümerin wurde aus der Versammlung geschmissen. 

Die entsprechende Regelung in der Teilungserklärung, auf die sich die Wohnungseigentümer beriefen lautete: "Die Versammlung kann einen Wohnungseigentümer, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen. Der Betroffene hat hierbei kein Stimmrecht. Mit vollständiger Zahlung der Rückstände entfällt die Wirkung obigen Beschlusses."

Die Eigentümerin musste die Versammlung verlassen und durfte bei den folgenden Beschussfassungen nicht mehr zugegen sein. Umgehend klagte sie gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, desweiteren sollte das Amtsgericht alle nach ihrem Auschluss getroffenen Beschlüsse ebenfalls für ungültig erklären.

Der Bundesgerichtshof gab ihr letztendlich Recht.

  • Die Vereinbarung bezüglich der Entziehung des Stimmrechts und des Ausschlusses von der Eigentümerversammlung haben keinen Bestand, da sie an Rechtsfehlern leiden. Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Regelung, die es erlaubt, den Mitgliedern aus Gründen des Zahlungsverzugs das Stimmrecht zu entziehen oder gänzlich von der Versammlung auszuschließen. Der Beschluss ist nichtig.
  • Die Ungültigerklärung von Beschlüssen scheidet in der Regel aus, wenn feststeht, dass sich ein Beschlussmangel auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat; anders verhält es sich jedoch bei schwerwiegenden Eingriffen in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte, die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers in gravierender Weise ausgehebelt wird. Da dies hier der Fall war, sind die nachfolgend getroffenen Beschlüsse ungültig.

Grundsätzlich ist den Wohnungseigentümern gemäß § 10 WEG freigestellt, wie sie das Verhältnis untereinander ausgestalten. Vorliegend wurde das Verhältnis durch die Vorgabe in der Teilungserklärung gestaltet, jedoch muss sich deren Inhalt innerhalb der Schranken der Privatautonomie (Das Recht, seine privaten Rechtsverhältnisse nach eigener Entscheidung zu gestalten.) halten. Darüber hinaus ist die Regelung im Hinblick auf die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB und Treu und Glauben nach § 242 BGB zu beurteilen.

Die Privatautonomie im Rahmen dieser Teilungserklärung findet ihre Grenze, wenn die Wohnungseigentümer ihre personelle Stellung im Rahmen der Gemeinschaft gar nicht mehr ausüben können, weil diese entleert wird und ihren Sinn und Zweck verliert. Die Rechte eines Wohnungseigentümers sind derart von den Mitgliedsrechten innerhalb der Wohnungsgemeinschaft geprägt, dass sie ein wesentliches Element bilden und einen generellen Ausschluss des Stimmrechts oder einen Versammlungsausschluss untersagen. Durch diesen Ausschluss werden dem Wohnungseigentümer nicht nur faktisch seine Rechte abgeschnitten, sondern es wird auch in den elementaren Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte eingegriffen, der es den Wohnungseigentümern unmöglich macht, auf die Willensbildung der Gemeinschaft einzuwirken.

Ein solcher Ausschluss des Teilnahmerechts ist nur dann sachgerecht, wenn der Wohnungseigentümer nachhaltig den Ablauf und die Funktionalität der Versammlung trotz mehrfacher Androhung des Ausschlusses stört. An einem solchen versammlungsspezifischen Bezug und Zusammenhang fehlt es jedoch, wenn der Wohnungseigentümer mit Zahlungen von Beiträgen im Verzug ist.

Etwas anderes ergibt sich selbst dann nicht, wenn der Wohnungseigentümer seine Pflichten durch erheblichen Verzug über einen größeren Zeitraum schwerwiegend verletzt, in dem er sich nicht an der finanziellen Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beitragszahlungen beteiligt. Das Wohnungseigentumsgesetz zeigt, dass der Verlust des Stimmrechts nur für den Fall eines rechtskräftigen, gerichtlich angeordneten Verkaufs und einer Übereignung entzogen werden kann. Sogar diese Tatsache hat auf die Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung keinen Einfluss. Der Entzug des Stimmrechts und der Versammlungsausschluss sind schwerwiegende Kernbereichseingriffe in die Mitgliedschaftsrechte (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10).


Fazit: Finger weg vom Stimmrechtsausschluss und Rausschmiss aus der Eigentümerversammlung bei Zahlungsverzug. Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, darf nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden; ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden, auch wenn in der Teilungserklärung etwas anderes steht.


 

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