Winterdienst für die WEG? Kein Zwang durch Mehrheitsbeschluss!

Schöne WinterlandschaftEs stellt sich die Frage, ob man ein Mitglied einer Eigentümergemeinschaft dazu zwingen kann, den Winterdienst in Eigenleistung zu erbringen. Denn es kann auch durchaus gerechtfertigt sein, diese Arbeiten an eine externe Firma zu übergeben. Sei es durch die körperliche Verfassung der Bewohner oder etwaige berufliche Verpflichtungen, die einen zuverlässigen und regelmäßigen Winterdienst unmöglich machen. Aus diesem Grund ist es auch für jeden Wohnungseigentümer an diesem Punkt besonders interessant, was der BGH zu diesem Sachverhalt geurteilt hat:

Darüber stritten die Wohnungseigentümer

Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft trafen sich zu einer Eigentümerversammlung. Darin beantragte ein Wohnungseigentümer den Beschluss zu fassen, den lästigen Winterdienst für Gehwege und Stellplätze an ein externes Unternehmen weiterzugeben, was von den anderen Eigentümern abgelehnt wurde. Die Begründung hierfür lautete, dass die Regelung des Winterdienstes bereits durch einen Mehrheitsbeschluss vor einigen Jahren festgelegt wurde, wobei es sich hierbei um einen Wechseldienst der einzelnen Wohnungseigentümer handelte, an dem jeder Eigentümer sich beteiligen musste.

Mit dieser Tatsache wollte sich der Antragssteller nicht zufriedengeben und strebte sogleich eine Anfechtungsklage an. Des Weiteren beantragte er, dass die anderen Eigentümer der Eigentümergemeinschaft gerichtlich dazu gezwungen werden sollten, der Vergabe des Winterdienstes an ein Fachunternehmen zuzustimmen. Letztendlich ging die ganze Angelegenheit zum Bundesgerichtshof, welcher dann auch ein recht deutliches Urteil fällte.

Ein Wohnungseigentümer kann sehr wohl von den anderen Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft verlangen, dass diese der Vergabe des Winterdienstes an ein Unternehmen zustimmen. Auch die Begründung, dass der Winterdienst bereits per Mehrheitsbeschluss in einer vorangegangenen Versammlung geregelt wurde, hat in diesem Zusammenhang keinerlei rechtliche Grundlage. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat keine Befugnis, dem einzelnen Wohnungseigentümer außerhalb der Kosten und Lasten "Leistungspflichten" aufzuerlegen. Diesem Vorgehen fehlt laut Urteilsspruch die nötige Beschlusskompetenz. Konkret bedeutet dies, dass es für einen rechtlich geltenden Beschluss einer sogenannte Kompetenzzuweisung bedarf, die entweder durch eine gesonderte Vereinbarung zustande kommt, oder aber eben durch das Gesetz. Im vorangegangenen Fall jedoch fehlte es an beiden Grundlagen und so ist der Mehrheitsbeschluss eindeutig nichtig.

 

 

Achtung: Auch die Hausordnung hilft in diesen Fällen nicht weiter!

Nun mag manch einer vielleicht sagen, dass die Mitglieder einer WEG aber doch das Recht haben, eine eigene Hausordnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft aufzustellen, sodass darin ja auch der Winterdienst geregelt werden könnte. Doch auch hier entbehrt die Vorlage wieder jedem Gesetz, denn der Winterdienst geht laut Bundesgerichtshof weit über die Hausordnung hinaus. Schließlich handelt es sich bei den zu räumenden Bereichen ja nicht nur um Gehwege und Stellplätze auf gemeinschaftlichem Eigentum, die alleine den Eigentümern vorbehalten sind, sondern auch um öffentliche Gehwege. Auch der Einwand, dass die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft bezüglich der Wege eine Verkehrssicherungspflicht trifft und somit keine neuen Pflichten begründet werden, überzeugte nicht, denn die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht obliegt dem Verband der Wohnungseigentümer, nicht dem einzelnen Eigentümer (BGH, Urteil v. 9.3.2012, V ZR 161/11).


Fazit: Ein Eigentümer kann nicht per Mehrheitsbeschluss zum Winterdienst gezwungen werden, hierzu fehlt der Gemeinschaft die Beschlusskompetenz. Soll der Winterdienst reihum erfolgen, ist eine Vereinbarung oder ein einstimmiger Beschluss der Eigentümergemeinschaft notwendig. Ist dies nicht gegeben und kann die Räum- und Streupflicht nur durch eine externe Firma sichergestellt werden, muss die Gemeinschaft in den sauren Apfel beißen.


Viele Eigentümergemeinschaften vergeben den Winterdienst an eine externe Firma oder alternativ wird der Winterdienst auch gerne gegen Entgelt an einen oder mehrere Miteigentümer übertragen. Beides kann per Mehrheitsbeschluss auf der Eigentümerversammlung beschlossen werden.


Ob Gartenpflege, Winterdienst, Treppenhausreinigung, Buchhaltung oder überschaubare Reparaturen: In vielen kleinen Wohnungseigentümergemeinschaften werden diese Arbeiten in Eigenregie durchgeführt oder gegen Entgelt an einen Miteigentümer übertragen. Ob bei solchen Eigenleistungen Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge anfallen, können sie hier nachlesen.


Laub-, Eis- und Schneebeseitigung – worauf muss die WEG achten?

Städte und Gemeinden sind für die Reinigung, für die Beseitigung von Schnee und Eis und für die Streupflicht der Bürgersteige im Winter zuständig. Allerdings haben die meisten Kommunen diese Pflichten per Satzung an die Hauseigentümer delegiert. Ist dies bei ihnen der Fall, muss sich die Eigentümergemeinschaft Gedanken darüber machen, was geräumt werden muss, wie oft geräumt werden muss und wen sie mit der Räumung beauftragt.

Wo muss die Gemeinschaft räumen und streuen?

Geräumt und gestreut werden müssen:

  • Bürgersteige Hauseingänge Allgemein zugängliche Wege auf dem Grundstück Wege zu den Garagen und Mülltonnen
  • Auf Bürgersteigen reicht es aus, wenn der Weg in der Breite von einem Meter freigeschaufelt wird, sodass zwei Passanten aneinander vorbeigehen können. Sonstige Wege auf dem Grundstück müssen nur in einer Breite von einem halben Meter begehbar sein.

Hat die Gemeinschaft auf ihrem Grundstück einen Weg, der von Passanten unbefugt als Abkürzung genutzt wird, muss der unbefugte Nutzer den Weg so hinnehmen, wie er ist. Es besteht in der Regel keine Räum- und Streupflicht für private Wege, die rein der Bequemlichkeit oder Abkürzung dienen (OLG Hamm, Urteil vom 16.05.2013, Az. 6 U 178/12).

Wie oft muss geräumt und gestreut werden?

Beseitigung von Laub: Nicht jedes herabfallende Blättchen muss umgehend entsorgt werden. In der Regel genügt es, wenn die Gehwege einmal in der Woche von Laub befreit werden. Ein jederzeitiges und sofortiges Entfernen von herabfallendem Laub stellt eine unzumutbare Aufgabe dar (LG Coburg, Urteil vom 22.02.2008), Az. 15 O 742/07).

Schnee und Eis: Wann die Eigentümergemeinschaft Räumen und Streuen muss, kann sie der entsprechenden Gemeindesatzung entnehmen. In vielen Satzungen ist festgelegt, dass der Winterdient in der Zeit von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr geleistet werden muss. An Sonn- und Feiertagen darf oft auch erst um 8:00 Uhr oder 9:00 Uhr die Schneeschaufel in die Hand genommen werden.

Denken sie daran: Schneeräumen kann auch mehrmals am Tag notwendig sein, nur wenn das Schneeräumen aufgrund anhaltender Schneefälle sinnlos ist, entfällt die Räumpflicht.

 

 

Kontrollpflicht bleibt bestehen

Egal an wen die Räum- und Streupflicht vergeben wird, die Gemeinschaft muss wissen, dass sie durch die Beauftragung nicht von allen Verpflichtungen befreit ist. Sie oder die Hausverwaltung muss stichprobenartig kontrollieren, ob der Winterdienst ordnungsgemäß erfüllt wird. Ohne eine solche Kontrolle haftet die Gemeinschaft neben dem Dienstleister auf Schadenersatz, wenn es wegen der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung des Winterdienstes zu einem Schaden kommt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.12.2008, Az. 14 U 107/0/).

Urlaub, Alter und Krankheit befreien nicht von der Räumpflicht

Hat sich die Gemeinschaft entschlossen, die Wege und Zugänge selbst zu räumen, sollten sie darauf achten, dass jeder beteiligte Eigentümer auch seiner Verpflichtung nachkommen kann, sonst kann es im Schadensfall teuer werden. In Oldenburg kam es zu einem Glatteisunfall, weil ein 82-jähriger Eigentümer seinen Pflichten nicht mehr nachkommen konnte. Die Gemeinschaft musste für den Schaden haften (OLG Oldenburg, Urteil vom 13.02.2014, Az. 1 U 77/13).

Verwandte Artikel


So langsam landen die Beschlüsse rund um das Thema "abweichende Kostentragung zulasten einzelner Wohnungseigentümer bei Reparaturen und Instandhaltung "im Gemeinschaftseigentum stehener Teile" vor...

Erhebliche Bedeutung für die Praxis hat die Beschlußsammlung nach § 24 Abs. 7. Die Beschluss-Sammlung enthält nur den Wortlaut der in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse...

Wohnungseigentümern ist es grundsätzlich erlaubt, über schon geregelte (beschlossene) gemeinschaftliche Angelegenheiten erneut zu beschliessen (BGH, Beschluss vom 20.12.1990, V ZB 8/90). Dabei...

Tabula Rasa bei der Kostenverteilung in der Eigentümergemeinschaft. Zukünftig ist die Gemeinschaft relativ frei, die Kosten der Verwaltung und die Kosten anfallender Erhaltungsmaßnahmen...

body { font-family: "Oswald,Helvetica,Arial,sans-serif; font-size: 14px; line-height: 1.42857143; color: #333; background-color: #fff; }