Gebrauchsregelungen des Gemeinschaftseigentums

In der Regel legen die Wohnungseigentümer bereits in der Teilungserklärung die Gebrauchsmöglichkeiten des Gemeinschafts- und Sondereigentums fest. Doch auch im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung können hierüber Bestimmungen getroffen werden. Die Grundlage dafür bietet § 15 WEG (Wohnungseigentumsgesetz). Absatz 1 der Vorschrift ist letztlich nichts anderes als ein Hinweis auf den Grundsatz der Privatautonomie des Zivilrechts. Denn über Rechte darf grundsätzlich frei verfügt werden, soweit alle Betroffenen zustimmen.

Dieser Maxime folgt auch § 15 Abs. 2 WEG: Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümerversammlung dürfen Vereinbarungen nicht entgegenstehen. Außerdem müssen Beschlüsse über die Benutzung des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums einem ordnungsgemäßen Gebrauch entsprechen. Absatz 3 der Vorschrift stellt klar, dass jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums verlangen darf, der den gesetzlichen Regelungen, den Vereinbarungen der Eigentümer untereinander oder den Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung entspricht. Gleiches gilt für einen Gebrauch im Interesse der Wohnungseigentümer „nach billigem Ermessen”.

Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter versus Gebrauchsregelung

Eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter definiert das Eigentum – beispielsweise durch Vorgaben eines bestimmten Gebrauchs. Darunter fällt zum Beispiel die eindeutige Bezeichnung eines Raumes als Fahrradkeller, Waschküche oder Hobbyraum, aber auch als Restaurant oder Ladengeschäft. Bezeichnungen in einem Aufteilungsplan dagegen sind lediglich Nutzungsvorschläge, die das Eigentumsrecht nicht einschränken können. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Teilungserklärung ausdrücklich auf den Aufteilungsplan bezieht (BGH, Urteil vom 16. November 2012, V ZR 246/11).

Eine Gebrauchsregelung (Gemeinschaftsordnung) dagegen betrifft nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Eine Gebrauchsregelung kann jedoch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden (§ 10 Abs. 4 Satz 1 WEG). Eine solche Regelung ist formlos wirksam. Sie kann unter Umständen sogar stillschweigend erfolgen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. März 1998, 16 W 303/97). Für den Sonderrechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers ist sie aber nur dann verbindlich, wenn sie ins Grundbuch eingetragen wird (§ 10 Abs. 3 WEG).

So lange über einen bestimmten Punkt keine Vereinbarungen getroffen werden, bestimmt sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 WEG nach den WEG-Vorschriften oder den BGB-Bestimmungen über die Gemeinschaft. Eine Gemeinschaftsordnung ist regelmäßig Bestandteil einer Teilungserklärung. Beide sind rechtlich aber voneinander zu unterscheiden.

Widersprüche zwischen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung

Die Gemeinschaftsordnung hat grundsätzlich Vorrang vor der Teilungserklärung. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn Bezeichnungen für Räume in einer Teilungserklärung den Benutzungsregelungen in einer Gemeinschaftsordnung widersprechen. Um diesen Konflikt zu klären, muss jedoch zunächst ermittelt werden, ob überhaupt ein Widerspruch zwischen der Benutzungsregelung und Raumbezeichnung besteht (BayObLG, Beschluss vom 9. Februar 2005, 2Z BR 227/04).

Grenzen des ordnungsgemäßen Gebrauchs im Sinne von § 15 Abs. 2 WEG

Wenn sich für einen bestimmten Sachverhalt keine Regelungen in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung finden, ist ein Beschluss der Mehrheit der Wohnungseigentümerversammlung möglich. Gebrauchsregelungen unterliegen aber dem Vorbehalt des § 15 Abs. 2 WEG: Der Gebrauch muss ordnungsgemäß sein. Ein typischer Fall für einen solchen Beschluss ist die Hausordnung. Die Beschlüsse zum ordnungsgemäßen Gebrauch des Sonder- oder Gemeinschaftseigentums dürfen jedoch nicht so weit gehen, dass sie in das Eigentumsrecht eingreifen. Ein Beispiel hierfür ist eine Vorschrift, die das Musizieren in den Wohnungen vollständig verbietet (BayObLG, Urteil vom 23. August 2001, 2 Z BR 96/01).

Änderung der Zweckbestimmung oder Gebrauchsregelung

Inhaltlich dürfen Mehrheitsbeschlüsse Vereinbarungen der Wohnungseigentümer nicht entgegenstehen (§ 15 Abs. 2 WEG). Grundsätzlich darf eine Vereinbarung nur durch eine neue Vereinbarung abgeändert werden. Das gilt insbesondere für Bestimmungen, die Sondernutzungsrechte begründen, verändern oder aufheben. Ein Mehrheitsbeschluss durch die Eigentümerversammlung reicht dafür nicht aus (OLG Frankfurt, Beschluss vom 19. Juni 2007, 20 W 403/05). So darf die Wohnungseigentümerversammlung nicht durch eine Mehrheit die Stilllegung eines Müllschluckers beschließen. Denn eine solche Regelung stellt einen völligen Gebrauchsentzug dar, der in das Eigentumsrecht eingreift (OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. August 2004, 20 W 440/01).

In der Praxis finden sich in Gemeinschaftsordnungen häufig Öffnungsklauseln, die Abänderungen der Vereinbarung durch einen Beschluss möglich machen. Wenn sich die Eigentümer auf eine Änderungsbefugnis durch die Mehrheit geeinigt haben, sind Beschlüsse der Wohnungseigentümer insoweit gültig. Und auch das Gesetz sieht einige Ausnahmen vor. Vor allem das WEG-Reformgesetz von 2007 hat hierfür neue Möglichkeiten eröffnet. Beispiele für die Zulässigkeit der Änderung einer Vereinbarung durch Beschluss sind:

•    § 12 Abs. 4 WEG: Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen
•    § 16 Abs. 3 WEG: Verteilung der Betriebskosten und Kosten der Verwaltung
•    § 21 Abs. 7 WEG: Regelungen zur Zahlung von Hausgeld

Welche Konsequenzen hat ein unangefochtener Mehrheitsbeschluss?

Die von einem Mehrheitsbeschluss betroffenen Wohnungseigentümer können die Entscheidung der Wohnungseigentümerversammlung grundsätzlich nur innerhalb der 1-Monatsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG anfechten. Ausnahme: Wenn ein Mehrheitsbeschluss nichtig ist, kann jederzeit eine entsprechende gerichtliche Feststellung verlangt werden. Gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG sind Beschlüsse nichtig, also wirkungslos, wenn sie gegen eine verbindliche Rechtsvorschrift verstoßen. Weitere Nichtigkeitsgründe sind Sittenwidrigkeit oder der Verstoß gegen Treu und Glauben. Ein unanfechtbarer Beschluss ist jedoch grundsätzlich wirksam und bindet alle Wohnungseigentümer.

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