Das Stimmrechtsverbot in der Eigentümerversammlung

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Ein Wohnungseigentümer ist bei der Beschlussfassung immer dann nicht stimmberechtigt, wenn eine Interessenkollision vorliegt (§ 25 Abs. 4 NEU WEG). Haupstsächlich zu nennen sind folgende Sachverhalte:

  1. Wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit dem Eigentümer beinhaltet, das sich auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezieht.
  2. Wenn der Beschlussfassung einen Rechtsstreit zwischen Eigentümer und Eigentümergemeinschaft betrifft.
  3. Wenn einem Eigentümer nach § 17 WEG das Wohnungseigentum rechtskräftig entzogen wurde.

Grundsäztlich gilt: Auch wenn ein Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt ist, darf er an der Eigentümerversammlung teilnehmen!


Prüfen sie die Gemeinschaftsordnung, hier können weitere Stimmrechtsausschlüsse festgelegt sein. Nicht unüblich ist der vollständige Stimmrechtsausschluss bei rückständigen Hausgeldern ab einer bestimmten Höhe. Nach Auffassung des BGH ist eine solche Vereinbarung in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung jedoch nichtig.


Leitsatz BGH zur Entziehung des Stimmrechts bei rückständigen Hausgeldern

Ein Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist, kann deswegen nicht von der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen werden; ihm kann auch nicht das Stimmrecht entzogen werden.


Rechtsgeschäfte zwischen Eigentümer und Gemeinschaft

Beispiele zu Nummer 1: Ein Wohnungseigentümer darf nicht mit abstimmen, wenn er als Bauträger, Lieferant, Darlehensgeber oder Handwerker an dem Beschlussantrag beteiligt ist. Bloße Vorteilhaftigkeit reicht nicht für den Ausschluss des Stimmrechts, es muss ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden oder ein enger Zusammenhang mit dem Rechtsgeschäft bestehen. Dies gilt auch, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit jemandem betrifft, mit dem er zusammen eine wirtschaftliche Einheit bildet, z.B. eine GbR-Gesellschaft, und wenn das Rechtsgeschäft in Beziehung zu dem Zweck der Gesellschaft steht.

Hausverwaltung oder Verwaltungsbeiräte dürfen nicht mit per Vollmacht übetragenen Stimmen für für ihre Entlastung stimmen. Mitstimmen dürfen beide jedoch nach herrschender Meinung bei der Abstimmung über die Jahresabrechnung.

Auch Ehegatten sind in den oben genannten Fällen vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ist ein Ehegatte nach § 25 Abs. 5 nicht stimmberechtigt, so wirkt der Ausschluss auch gegen den anderen Ehegatten.

Ist der Verwalter gleichzeitig Mitglied der Eigentümergemeinschaft, so hat er bei der ordentlichen Abberufung ein eigenes Stimmrecht. 

Beschlussfassung über einen Rechtsstreit zwischen Eigentümer und Gemeinschaft

Beispiel zu Nummer 2: Der Neuanstrich der Fassade zeigt einige Mängel. In der Eigentümerversammlung soll darüber abgestimmt werden, ob gegen den Miteigentümer Herrn Schulz ein Gewährleistungsrechtsstreit eingeleitet werden soll. Herr Schulz ist Inhaber der Firma, die die Arbeiten ausgeführt hat. Aufgrund des Interessenkonflikts ist Herr Schulz von der Stimmabgabe ausgeschlossen.

Urteil: Beschließen die Wohnungseigentümer gegen einen Wohnungseigentümer in seiner Eigenschaft als Bauträger wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum gerichtlich vorzugehen und wegen der Kosten eine Sonderumlage zu erheben, ist der betroffene Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt. An der Sonderumlage hat er sich gleichwohl anteilsmäßig zu beteiligen (BayObLG, NJW93, 603).

Urteil: Ist ein Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, betrifft der Ausschluss auch die ihm übertragenen Vollmachten (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 11.03.2002, 3 W 184/01, NZM 2002, 345).

Wer bestimmt über den Stimmrechtsausschluss?

Hier ist die Versammlungsleitung in der Pflicht!

Sollte es zu einer Beschlussanfechtung kommen, unterliegt es der gerichtlichen Prüfung, ob der betroffene Eigentümer zu Recht von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen wurde oder ob seine Stimmrechtsabgabe bei der Feststellung des Beschlussergebnisses zu Unrecht mitgezählt wurde.

Ein solches Beschlussanfechtungsverfahren ist aber nur dann erfolgreich, wenn ein festgestellter Verstoß auch ursächlich für ein dann festzustellendes anderes Beschlussergebnis gewesen wäre.

Beispiel: Die WEG Sonnenschein möchte darüber beschließen, ob gegen den Mieteigenümer Meier, 1.500 MEA, der über seine Firma die Fassade gegen einen "Sonderpreis" gestrichen hat, ein Gewährleistungsrechtstreit wegen mangelhafter Ausführung geführt werden soll. Herr Meier wird von der Beschlussfassung ausgeschlossen.

Das Stimmrecht sieht das Wertprinzip vor. Das Ergebnis ist eindeutig: 7.500/8.500 MEA stimmen für den Rechtstreit, 1.000/8.500 MEA stimmen dagegen. Herr Meiers 1.500 Stimmrechtsanteile werden nicht berücksichtigt. Herr Meier fühlt sich zu unrecht ausgeschlossen, er will gegen seinen Stimmrechtsausschluss gerichtlich vorgehen. Seine Chancen stehen nicht gut. Selbst wenn das Gericht auf seiner Seite wäre, da er "nur" über 1.500 MEA verfügt, wäre das Ergebnis auch nicht anders ausgefallen, 7.500/10.000 MEA Zustimmung, 2.500/10.000 MEA Stimmrechtsanteile hätten dagegen gestanden.